Die Gesimswappen (Nordseite) in der Bergmannskirche St. Annen (1)

Veröffentlicht in Sonstige Veröffentlichungen des VMBH e.V.


Der Autor Klaus Foth beschreibt in diesem Artikel Gesimswappen (Nordseite) in der Bergmannskirche St. Annen (Teil 1)


Aus den Mitteilungen des Vereins - Autor: Klaus Foth (Mitteilung Nr. 96 - 6/2008)

 

Die Gesimswappen in der Bergmannskirche St. Annen (Teil 1)

Text und Zeichnungen: Klaus Foth, Teil 2 wurde in der Mittelung Nr. 99 veröffentlicht

Die im Jahre 1511 begonnene und 1608 vollendete Bergmannskirche St. Annen in der Eisleber Neustadt kann auf viele architektonische und künstlerische Besonderheiten verweisen. Da der Verein Mansfelder Berg- und Hüttenleute e. V. vielfältige Beziehungen zur Kirchengemeinde St. Annen unterhält und auch Veranstaltungen in der Kirche organisiert, soll mit vorliegendem Aufsatz die Bedeutung der zahlreichen Wappen für die Besucher näher erläutert werden.

Dazu gehören unbedingt auch die 32 Gesimswappen im Chor der Kirche, die eine Art Familiengenealogie des Mansfeld–Hinterortschen Paares Johann I (Hans I.) und seiner Gemahlin Margareta darstellen. Die drei Wappentafeln auf der nördlichen Seite, die im Folgenden betrachtet werden, befassen sich mit der Familie von Johann I. (um 1530 – 03.03.1567) und die auf der südlichen Seite mit der von seiner zweiten Frau Margareta (10.06.1534 – 24.09.1596), geborene Fürstin von Braunschweig-Lüneburg-Celle. In erster Ehe war Johann verheiratet mit Prinzessin Dorothea von Pommern. 1555 fand die Hochzeit statt, aber bereits drei Jahre später, am 04.06.1558, verstarb Dorothea in Rothenburg. Aus dieser Ehe stammen die Kinder Anna und Albrecht XII. Johann I. und Margareta heirateten am 14. August 1559. Die Hochzeit fand in der Schlosskirche von Celle statt. Aus dieser Ehe stammen die Kinder Hans Georg, Ernst VI., Anna Sophia, Friedrich Christoph, Elisabeth und Maria. An beiden Seiten des Altars befinden sich diese aus Gips geformten Wappentafeln. Diese Genealogie ließ Gräfin Margareta noch in der Kirche anbringen mit dem Gedanken, dass diese Wappentafeln auch in späterer Zeit den Nachkommen des Mansfelder Grafengeschlechts zum ewigen Gedächtnis dienen.

Mit dem Wappenobelisken an der Nordwand des Chores hatte sie nichts zu schaffen. Den ließ die Kirche auf eigene Kosten schon im Jahre 1586, also noch zu Lebzeiten Margaretas errichten, um das Andenken an die gräfliche Familie zu bewahren, errichten. Vollendet wurde er allerdings erst im Jahre 1606. Diese Gesimswappen dokumentieren also ein Stück gräflicher Familiengeschichte dieser Mansfelder Linie.

Die recht vernachlässigten Gesimswappen, nicht frei von heraldischen Fehlern, sind trotzdem heute noch ein Blickfang, auch wenn die Form der Schilde so recht keiner Kunstepoche zuzuordnen ist. Außerdem erinnern die beiden seitlich herunterhängenden Läppchen an Hängeohren und wirken störend, zumal sie bei den quadrierten Wappen die Quartiere 3 und 4 förmlich zerstören. Hier hat aber bei der Generalreparatur des Gotteshauses selbst der Ästhetiker und mit der Hilfswissenschaft Heraldik hochvertraute Georg Kutzke auch keine Änderungen vornehmen lassen, wobei sicher ein Hinweis von ihm genügt hätte, nämlich dass diese Schildform nicht in den gotischen Gesamtkomplex passen würde.

In jedem Falle verdienen die Gesimswappen von St. Annen bei allen zeichnerischen Mängeln Beachtung und in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft eine gründliche restauratorische Fürsorge. Bei einigen ist sie sogar jetzt schon dringend nötig. Custos Theodor Heine beschäftigte sich seinerzeit ernsthaft mit dieser Wappenkollektion, seine Erklärungen und Zuordnungen sind aber leider auch nicht frei von Fehlern. Das beginnt bereits in der ersten Gruppe.

Gruppe 1

Wappen an der Nordseite, Reihe 1 (von rechts gesehen, vom Altar aus) 1.1 Mansfeld 1.2 Hohnstein 1.3 Hohnstein 1.4 Mansfeld

Im Wappen 1.3 will er das Mansfeldische Heldrungische Wappen erkannt haben. Das Heldrunger Herzschild, allerdings ohne den goldenen Löwen, befindet sich im vorletzten Wappen der zweiten Gruppe (2.5).

Das Wappen 1.1 ist das klassische Hinterortische Wappen und steht für Graf Johann I., Nr. 1.2 und 1.3 sind die Hohnsteinschen Wappen, 1.2 für Anna Gräfin zu Hohnstein und 1.3 für Margareta Gräfin zu Hohnstein. Gräfin Anna zu Hohnstein war die Mutter von Johann I.

Bei Wappen 1.3 beginnen die Unklarheiten. Margareta oder Margarethe von Hohnstein war mit Volrad III. (1. Linie) verheiratet. Als dieser am 28. November 1499 starb, hinterließ er keine männlichen Erben. Tochter Amelie heiratete Graf Günther von Schwarzburg und Adelheid starb 1483 kurz vor der Eheschließung mit einem Grafen von Nassau. Ein direkter Zusammenhang mit der späteren Hinterortischen Linie ist nicht zu erkennen.

Mit Wappen Nr. 1.4 wird an Margareta Gräfin zu Mansfeld gedacht. Gemeint ist hier offensichtlich die zweite Frau Johanns I. .

Gruppe 2

Wappen an der Nordseite, Reihe 2 (von rechts gesehen, vom Altar aus) 2.1 Anhalt; 2.2 Beichling; 2.3 Oldenburg; 2.4 Waldek richtig: (Waldeck-Pyrmont; 2.5 Mansfeld (Heldrungen); 2.6 Stolberg

Das anhaltische Wappen 2.1 gedenkt an Elisabeth Fürstin von Anhalt, welche ist aber gemeint? Innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums heirateten nämlich zwei Elisabeths von Mansfeld einen anhaltischen Albrecht. Elisabeth aus der zweiten Linie, ihre Eltern waren Graf Günther I. von Mansfeld und Elisabeth von Lindau, heiratet um 1400 Fürst Albrecht IV. von Anhalt-Zerbst.

Ihr Sohn Albrecht V. heiratet Gräfin Elisabeth von Mansfeld, III. Linie (gegründet 1420). Sie war die Tochter von Graf Günther II., der Reichsgraf führte die Regierungsgeschäfte zeitweilig über die ganze Grafschaft, da die I. und II. Linie ohne männlichen Nachwuchs geblieben waren. Sie war die Schwester von Ernst I., dem Vater von Albrecht IV. und somit die Großtante von Johann I. Das Beichlingsche Wappen (2.2) erinnert an Felicita, Gräfin zu Beichlingen, die mit Ernst Graf von Hohnstein verheiratet war. Es waren die Eltern von Anna Gräfin zu Hohnstein und Johanns Großeltern.

Das Oldenburgische Wappen (2.3) erinnert an Adelheid, verwitwete Gräfin von Oldenburg und Delmenhorst, sie war die Schwester von König Christian II. von Dänemark und in zweiter Ehe verheiratet mit Gebhard V. von Mansfeld (gest. am 20.09.1492). Er hatte 1484 Herrschaft und Schloss Heldrungen gekauft und nannte sich von da ab „Graf von Mansfeld, Edler von Heldrungen“. Das gespaltene Wappen von Waldeck-Pyrmont (2.4) steht für Margaretha Gräfin von Waldeck. Sie war verheiratet mit dem Hohnsteiner Grafen Heinrich und beide sind die Eltern von Ernst Graf von Hohnstein und die Urgroßeltern von Johannes.

Bei dem Wappen Nr. 2.5 handelt es sich eigentlich um das Mansfeldsche-Heldrungsche Wappen, wenn auch im Herzschild der goldene Heldrunger Löwe fehlt. Nach Heine ist es das Wappen von Margaretha von Mansfeld, welche mit Johannis Graf von Beichlingen verheiratet war und die als Eltern von Felicita ebenfalls Urgroßeltern von Johannes waren.

Das letzte Wappen dieser Gruppe gehört Anna Gräfin von Stolberg und Wernigerode. Hier läuft der Stolberger Hirsch in den Quartieren 1 und 4 in die falsche Richtung. Verehelicht war Anna mit Ernst Graf von Hohnstein und beide waren die Ur-Ur-Großeltern von Johannes.

Gruppe 3

Wappen an der Nordseite, Reihe 3 (von rechts gesehen, vom Altar aus) 3.1 Lindau; 3.2 Holstein; 3.3 Stolberg; 3.4 Nassau; 3.5 Sagan; 3.6 Hohnstein

Das erste Wappen der dritten Gruppe ist das der Grafen von Lindau und Reppin und erinnert an Elisabeth Gräfin von Lindau und Reppin. Sie war verheiratet mit Günther von Mansfeld, der die Herrschaft Arnstein angekauft hatte und im Jahre 1413 starb. Beide sind ebenfalls Ur-Ur-Großeltern von Johannes.

Die Beschriftung des nächsten Wappens (3.2) ist unkorrekt, denn das quadrierte Wappen zeigt im 1. und 4. Quartier die Schleswigschen Löwen und in den Quartieren 2 und 3 den Stormarnschen Schwan, der heute noch im Wappen des Landkreises Stormarn zu finden ist. Das Holsteinische Nesselblatt fehlt gänzlich. Das Wappen gehörte Hedwig Herzogin von Schleswig, Holstein und Stormarn. Sie war verheiratet mit Dietrich von Oldenburg und beide waren die Eltern von Adelheid von Oldenburg und ebenfalls Ur-Ur-Großeltern von Johannes.

Auch die anderen vier Wappen dieser Gruppe gehören Ur-Ur-Großeltern von Johannes. Das Stolbergische Wappen (3.3) erinnert an Anna Gräfin von Stolberg-Wernigerode, die mit Ernst Graf von Hohnstein verheiratet war und beide waren die Eltern von Heinrich Graf von Hohnstein. Das nächste Wappen ist beschriftet mit ‚Nassau’ und es soll der Gräfin Dorothea von Nassau und Wiesbaden gehören. Nassau führte aber einen goldenen gekrönten Löwen auf blauem Schild. Einen roten Löwen im goldenen Feld findet man im Wappen der Grafschaft Nassau Katzenellenbogen-Dillenburg. Dorothea war mit Heinrich Graf von Waldeck verheiratet. Beide waren die Eltern von Margaretha von Waldeck.

Das Wappen der Herzöge von Sagen und Crossen erinnert an Herzogin Margarethe, die mit Graf Volrad von Mansfeld (1392-1450) verheiratet war. Sie war seine zweite Frau und beide waren die Eltern von Margaretha von Mansfeld (W. 2.5).

Das letzte Hohnsteiner Wappen gehört der Gräfin Agnes von Hohnstein, die mit Friedrich Graf von Beichlingen verehelicht war. Ihr Sohn Johannis Graf von Beichlingen war mit Margaretha von Mansfeld verheiratet.

Quellen:

01/2019

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